Am heutigen Tag habe ich mir den vierten Thor- und insgesamt 29. MCU-Film im Kino angesehen. Mit großen Erwartungen und viel Hoffnung auf eine aussichtsreiche Zukunft des Superhelden-Universums bin ich an den Film herangegangen, zumal dieser nach „Doctor Strange in the Multiverse of Madness“ (2022) liefern musste. Ob der Film mich tatsächlich überzeugen konnte, erfährst du in der folgenden Kritik.
„Diese Hände wurden einst im Kampf eingesetzt. Jetzt sind sie nur noch bescheidene Werkzeuge im Frieden. Ich muss rausfinden, wer ich wirklich bin.“
Thor 4: Love and Thunder Trailer German Deutsch (2022) (USA 2022, R.: Taika Waititi). Online unter: https://www.youtube.com/watch?v=t4Ri4InhTpU, 0:08-0:21.
- Titel: Thor: Love and Thunder
- Lauflänge: 119 Minuten
- Regie: Taika Waititi
- Drehbuch: Taika Waititi, Jennifer Kaytin Robinson
- Musik: Michael Giacchino, Nami Melumad
- Kamera: Barry Baz Idoine
Nachdem Thor viele spannende Abenteuer mit den Guardians of the Galaxy erlebt und so einige Kilos verloren hat, kehrt er aufgrund einer drohenden Gefahr für New Asgard in den von ihm gegründeten Ort zurück, um dort das Böse, verkörpert von Gorr, einem göttermordenden Schurken, zu bekämpfen. Dabei stößt er auf bekannte Figuren, die nicht nur die Kräfte des heldenhaften Gottes des Donners benötigen, sondern auch alte Narben aufreißen. Thor muss sich seiner Vergangenheit stellen und für seine Zukunft bestimmen, was er vom Leben erwartet und welche Rolle er dabei einnehmen möchte.
Unverkennbare Handschrift des Regisseurs
Nach „Thor: Ragnarok“ (2017) durfte Taika Waititi erneut einen Thor-Film inszenieren, was auch sein ausdrücklicher Wunsch war. Nicht nur das: Sogar das Drehbuch stammt von ihm. Und genau dies ist unverkennbar. Die Dialoge haben viel Witz, eigenartige sowie sonderbare Wesen erhalten ihre Auftritte und der von den Guns n‘ Roses geprägte Soundtrack des Films ist einfach nur grandios. Der Film ist eine Ansammlung eigenartiger Skurrilitäten, sowohl im handlungsspezifischen als auch filmstilistischen Bereich. Ich persönlich stehe auf solche Inszenierungen, da sie sich von anderen Werken abheben und somit Unikate in der Filmwelt darstellen – und diese Unikate benötigt das Genre des Superheldenfilms. Ich habe mich beinahe ununterbrochen unterhalten gefühlt und empfinde während des Nachdenkens über das Gesehene rückwirkend positive Gefühle. Beim genaueren Reflektieren fallen aber dennoch einige Aspekte ins Gegengewicht.
Comedy und Action gelingen, aber…
Auch wenn ich den Witz Waititis sehr schätze, so muss ich gestehen, dass an einigen Stellen die Comedy zu überspitzt dargestellt ist und dadurch nicht den gewünschten Effekt erzielt. Auch tiefgründige Szenen können ihre Wirkung nicht komplett entfalten, weil man das Gefühl hat, sie passen nicht wirklich in das Gesamtkonzept des Films. Ich mag den Humor Waititis, aber in Thor 4 ist dieser leider etwas zu aufdringlich. Auch von den zahlreich vorkommenden Action-Sequenzen habe ich mir mehr erhofft, zumal Thor in den letzten beiden Avengers-Filmen grandiose Kampf-Szenen erhielt. „Thor: Love and Thunder“ ist unheimlich CGI-lastig und wirkt an vielen Stellen überladen. Besonders auf der großen Leinwand gibt es viel zu sehen, wobei vor allem das Farbenreichtum und die dynamische Kamera meine Augen zeitweise überforderten. Wirklich gut inszenierte Kampfchoreografien sind leider Mangelware.
Worauf will die Handlung hinaus?
Ich finde es gut, Thor als Charakter aus einer neuen Perspektive heraus zu beleuchten. Ich liebe die Interpretation eines nordischen Gottes kombiniert mit absurdem Humor. Dieser Gegensatz erzeugt Komik und Interesse und sorgt dafür, dass der Gott des Donners eine vielschichtige und enorm humorvolle Figur ist. Leider kommt meines Erachtens nach Thor in diesem Film schlechter weg, als je zuvor. In einigen Szenen ist er mir doch zu trottelig und dümmlich dargestellt, weshalb der Charakter seine Ernsthaftigkeit verliert, wodurch Sequenzen, die mehr Tiefe abverlangen, an Wirkungskraft einbüßen. Jene erlebt er, was man auch schon den Trailern entnehmen kann, mit Jane Foster, welche ihre eigene Geschichte erhält. Ihre Einführung ist meiner Ansicht nach gelungen, ebenso wie ihre Figurenentwicklung im Laufe des Films.
Doch leider springt die Handlung nahezu von Ereignis zu Ereignis, was an vielen Stellen zu beabsichtigt und weniger flüssig wirkt. Dies hat mich aber nicht so sehr gestört wie die Tatsache, dass mal wieder das Potential eines interessanten Antagonisten nicht vollkommen ausgeschöpft wurde. Christian Bale ist unfassbar gut in seiner Rolle als Gorr. Jener ist mächtig, innerlich gebrochen, düster, wahnsinnig und teilweise auch gruselig. Doch mal wieder schafft es ein Marvel-Film nicht, eine böse Figur auszubauen. Zu viele seiner Entscheidungen wirken willkürlich und das Potential, einen vollständigen Zugang zu einem Antagonisten zu schaffen, wurde nicht genutzt.
Alles in allem stelle ich mir unglücklicherweise auch nach diesem MCU-Film die Frage, worauf genau die 4. Phase hinaus möchte. Gefühlt möchte der Film zu viele Handlungsstränge und Figurenentwicklungen bearbeiten und wirkt daher überladen sowie unvollständig, da er nicht über die notwendige Zeit verfügt, alle Geschichten zu Ende zu erzählen. Die Handlung ist leider klischeebehaftet und folgt erneut dem klassischen Superheldenfilm-Schema. Letztendlich fühle ich mich im Nachhinein zwar unterhalten, aber leider bleibt der Film hinter meinen Erwartungen zurück.
6.5/10 Punkte
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